Die Wienerau Geschichte


Walter mit Dr. Funk

Hallo erst einmal, ich heisse Michael Rosén (wenn, dann eher als Micke bekannt) und der Mensch und Züchter, dem der größte Teil dieser Seite gewidmet ist, war mein Stiefvater Walter Martin.


Tja, die Geschichte ist lang, über 48 Jahre Zucht sind eine lange Zeit und es gäbe bestimmt viel mehr zu schreiben.

Ich werde aber versuchen die Geschichte kurz zu halten und mich auf den Walter zu fokusieren.

Begonnen hat alles in den späten 40´ern. Es sollte aber fast noch ein Jahrzehnt dauern bis aus Spaß Ernst wurde. In den Anfängen lagen seine Prioritäten in der Leistung und beim Hundeführen, wobei das sich ziemlich bald ändern sollte und so gründete er im September 1957 den Zwinger "von der Wienerau".




Walter selbst war ein sehr charismatischer Mann, der immer seinen eigenen Weg ging - vor allem in der Schäferhundezucht. Seiner Vision von dem Aussehen eines Schäferhundes versuchte er konsequent nachzugehen und lies sich auch nicht von Rück- und/oder Fehlschlägen abbringen. Dabei hatte er damit entgegen der landläufigen Meinnung keinen durchgehenden Erfolg.

Seine Vorstellungen von dem deutschen Schäferhund waren in den Anfängen nicht unumstritten und aus dieser Zeit stammte wohl auch seine Überzeugung:

"Jeder macht seins"

Seine Vision war es Hunde möglichst nahe am Rassestandard und mit einer damals nicht gefestigten roten Färbung zu züchten. Kritiker mögen dabei behaupten, daß er eher einen neuen Standard kreiert hat. Ganz unrecht sollten sie nicht behalten, bedenkt man, daß Wienerau Hunde u.a. maßgeblich daran beteiligt waren den heutigen Farbstandard "Schwarz-Braun" zu festigen.

Asso von der Wienerau


Nachdem die ersten beiden Würfe weniger aufsehenerregend waren, bekam er von seinem Vater den Ratschlag, in der Zucht käme es immer auf die Muttertiere an. Dieser Rat und die Überzeugung, daß ein Hund nur schön genug sein muß, (möglichst nahe am Rassestandard), dann käme auch der Erfolg sollten für die nächsten Jahrzenhte die Grundlage seiner züchterischen Tätigkeit werden.

Daraufhin kaufte er sich die Hündin Berta vom Lorscher Sand, die, wie er immer sagte, von allem zu viel hatte. Und aus der Berta züchtete er die Dixie von der Wienerau, die man rückbetrachtend getrost als "Ur-Mutter" der Wienerau-Zucht ansehen muß.

Lido von der Wienerau


Und der Erfolg sollte ihm recht geben. Nach der Dixie züchtete er den L-Wurf, Luno (SG2, 1963 JKL-R),
Lido (V1,1964 GHKL-R), Landa (VA1,1965 GHKL-H) und natürlich die Liane. In diesem Wurf tauchte auch das tiefe Mahagonirot auf, das später das "Wahrzeichen "der Wienerau Hunde werden sollte. Das von einigen gerne als "Schokoladen-Hunde" verspottet wurde.

Die Inzucht auf Dixie mit Lido als Großvater führte auf der einen Linie zum Quanto. Die zweite Linie über "L" kam über die Liane und resultierte in Canto.

Diese beiden Rüden hatten wohl mehr Einfluss auf die Schäferhundezucht, als irgendein anderer Rüde der damaligen Zeit. Sie waren für über ein Jahrzehnt aus den meisten Ahnentafeln nicht wegzudenken.

Quanto von der Wienerau

Walter selbst sah diesen Zeitraun als den einflussreichsten seiner Zucht an, mit Siegen in der Zuchtgruppe 1965, 1966, 1967, 1971, Siegerin 1965, Vize Sieger und Vize Siegerin 1971. Auch wenn ihm der so ersehnte Wunsch nach dem Sieger verwehrt blieb und er auf die Erfüllung seines Traums noch 21 Jahre warten mußte.

Canto von der Wienerau

Betrachtet man den reinen Schauerfolg hatte er 1971 das Maß aller Dinge gesprengt und eine Wiederholung war auch für ihn unvorstellbar. Seine Vision vom anatomisch "perfekten" Schäferhund trieb ihn aber weiterhin an. Auch wenn in den Jahren bis 1988 immer wieder hochplatzierte Hunde auf der BSZS vertreten waren, waren sie nicht gerade die Erfolgrreichsten.

Ein gern benutzter Spruch für solche Zeiten war immer: "Auf sieben fette Jahre folgen immer sieben magere". Es wurden halt ein paar mehr und es mußte noch härter für die Sache gearbeitet werden.

Da er durch seine Erfolge in der Zucht bereits ein international anerkannter Richter und Körmeister war, bereiste er mit Freude die Welt und schloss überall neue Freundschaften. Das wir fast jede Woche Besuch aus aller Welt hatten, war für mich als Kind sehr einprägsam. Dabei kamen immer wieder sehr witzige Geschichten zu Tage. Seinen Erzählungen nach waren das ziemlich wilde Zeiten gewesen. Er war schließlich nicht der einzige SV-Richter der feiern konnte. Jetzt im Nachhinen würde ich gerne wissen, ob er diese Reisen und das Richten als willkommene Abwechslung von dem Tagesgeschäft sah, wo er auch mal in Ruhe über kommende "Verbindungen" grübeln konnte.


"Ich kann nur mit den Hunden, die mir zur Verfügung stehen züchten. Also mit meinen Hüdinnen (Anm. auch Zuchtmiete) und den vorhandenen Rüden. Wenn aber nirgends das Blut zusammenpaßt, dann ist es reine Glücksache wenn ein "guter" dabei rauskommt".

Es verging wohl nicht viel Zeit, wo er nicht an die Hunde bzw. Zucht dachte. So stand an einem gewöhnlichen Schau-Sonntagabendbei uns das Telefon von
18:00 - 23:30 Uhr nie still und es wurden die neuesten Hunde, Geschichten und Gerüchte diskutiert. Und wenn er nicht richten war, dann traf man ihm fast immer im Zwinger an. Er verbrachte täglich viele Stunden im Zwinger. und bezeichnete das als "vor sich hin wurschteln" und er fand immer etwas zu wurschteln.


So fand er in den folgenden Jahren einige gleichgesinnte Hundefreunde und versuchte seine Vision zu erreichen. Rückblickend glaube ich, daß sich in der Zeit bis Mitte der 80´er einer seiner Weisheiten für ihn bewahrheitet hat: Das Blut hat nie ganz gepaßt. Aber das "Wurschteln" hat sich sehr wohl gelohnt. Denn 1992 erfüllte sich endlich sein größter Wunsch und ein Rüde wurde VA1 auf der BSZS. Ich fragte ihn mal ´90 oder ´91, warum denn der Sieger-Titel für ihn denn so wichtig sei, schließlich hatte er doch schon so viel erreicht. Da bekam ich die überraschende Antwort, er wolle den anderen nur zeigen, daß er nicht nur schöne Hündinnen züchten kann. Zumal er sich mit Quanto übergangen fühlte, denn seiner Meinung nach hätte Quanto es bereits verdient gehabt.


Walter mit Zamb und Vanta

Der Zeitraum 1988 - 1995 muss man wieder als äußerst erfolgreich für den Zwinger Wienerau bezeichnen. Und wurde wohl von den Erfolgen 1992 BSZS gekrönt. Walter hatte endlich seinen Sieger mit Zamb und mit Vanta gleich die Siegerin dazu. Kompletiert wurde diese BSZS von Nathalie als Jugendsiegerin und dem Gewinn in der Zuchtgruppe.

Auf den Vergleich von 1971 und 1992 meinte er einmal selbst, die erfolgreichen Hunde von 1971 seien bestimmt für seine Zucht wichtiger gewesen, aber für ihn als Züchter ist mit dem Siegertitel von Zamb ein Traum wahr geworden. Mit Vanta wurde gleichzeitig die, wie er selbst sagte, Krönung seiner Zucht als Siegerin geehrt. Denn bei aller Freude über den Siegertitel von Zamb bzw. des Gesamterfolges 1992, hat er in Vanta die Vollendung seiner Vision gesehen.

Auch wenn die Jahre bis 1995 mit etlichen Auslesehunden und sogar zwei mal VA 1 (1994 Vanta & 1995 Nathalie) gefüllt war, sagte er selbst immer, daß für uns wieder eine schwierige Zeit anbrechen werden. Er wußte, wir würden jetzt lange an den Erfolgen und der Qualität von 1992 gemessen werden. Aber Walter hatte sich zu dieser Zeit bereits ein neues Ziel gesetzt. Einmal noch einen Rüden von der Qualität der Vanta züchten. Es wäre sehr spannend gewesen zu sehen, wohin er seine Zucht geführt und ob das Blut gepasst hätte.

Leider ist ihm nicht mehr die Zeit für die Erfüllung seines Traums geblieben. Das er im Spätsommer 1996 sehr überraschend starb, war für viele Menschen und insbesondere für uns einen schwerer Verlust. Aber es war doch sehr schnell klar, es muß weitergehen. Seit dieser Zeit wird der Zwinger von der Wienerau von uns in einem viel kleinerem Rahmen weiterbetrieben. Anfangs war es nicht leicht, aber Aufgeben kam nicht in Frage. Nicht als die Vanta kurze Zeit nach Walters Tod auch gestorben ist, auch nicht als uns mit Joyce (Vanta-Tochter aus dem letzten Wurf) eine viel versprechende Hündin am helligsten Tage aus dem Zwinger gestohlen wurde. Ebenso wenig als mehere Hunde bei einem Zwingerbrand in unserer Anlage verendeten. Zumal bei diesem Brand ein großer Teil unserer alten Zwingeranlage abgebrannt ist und wir dabei auch sehr viele Erinnerungsstücke verloren haben.

An dieser Stelle beenden wir die Geschichte. Es gibt so viel über den Menschen und Züchter Walter Martin zu erzählen. Nun gibt es schließlich viele, die den Walter nie persönlich kannten und ich hoffe, mir ist es gelungen euch Walter etwas näher zu bringen. Genau so wie ich hoffe, daß alle die ihn kannten mir nicht völlig widersprechen.